Walk/ Gekochte Wolle
Bei Walkgeweben unterscheidet man grundsätzlich gewebte, gefilzte und gestrickte Materialien. Wobei nur die gewebte Ware dem klassischen Walkherstellverfahren entspricht, Gestrick ist gekochte Wolle und unterliegt einem anderen grundsätzlichen Herstellungsprozess. Obwohl im heutigen Sprachgebrauch hier kaum noch unterschieden wird.
Gleich oder sehr ähnlich ist das Herstellungsverfahren von Walk und gekochter Wolle in Bezug auf das Schrumpfen und Verzerren des Ausgangsmaterials durch die Einwirkung von Wasser und Wärme.
Die wohl bekannteste Art ist der Loden in verschiedenen Stärken – vom feinen Tuch Loden bis zum extrem festen „Schladminger“. Diese Ware ist sehr schmutzabweisend und hält lange auch schlechtem Wetter stand und den Träger warm.
Die gestrickten Varianten sind als „Walkjanker“ allgemein bekannt. Die modernen Verfahren haben die Strickarten verfeinert und das Ausgangsmaterial variantenreicher gestaltet. Wurde ursprünglich nur Schaf-Schurwolle verwendet, gibt es heute Mischungen mit Kunstfasern oder auch ganz feine Varianten aus Merino oder Alpaka bis hin zu gewalkter Kaschmirware.
Herstellung von gewebter Walkware (Tuch Loden)
Aus dem rohen Gewebe (Loden) werden zuerst durch sogenanntes Noppen Verunreinigungen entfernt. Nach dem Noppen folgt das Waschen, wodurch Fett, Leim und Schmutz aus dem Loden entfernt werden. Dann wird das Gewebe ein zweites Mal genoppt und unter Zusatz von Chemikalien (früher Seife, gefaulter Urin oder Walkererde) gewalkt. Hierdurch verfilzen die feinen aus dem Garn hervorstehenden Fasern und bis zu einem gewissen Grade die Garnfäden selbst.
Das gewalkte Gewebe wird wieder gewaschen und auf einem Trockenrahmen unter Spannung getrocknet. Anschließend wird das nasse Tuch in Wasserdampf geraut, wobei die Härchen, welche aus der verfilzten Oberfläche unregelmäßig hervorragen, gleichmäßig herausgezogen und in einer Richtung niedergestrichen werden.
Dazu nutzte man traditionell die trockenen Fruchtstände der Kardendistel (Dipsacus fullonum), deren Borsten in kleinen Widerhaken enden.
Nach dem Rauen werden die herausgezogenen Härchen auf dem trockenen Tuch gegen den Strich aufgebürstet und in einer Schermaschine gleichmäßig auf kurze Länge geschnitten, damit sie zusammen eine glatte Oberfläche bilden. Bei qualitativ hochwertigem Tuch werden die Vorgänge des Rauens und Scherens bis zu fünfmal wiederholt. Nach dem Scheren wird das Tuch zum dritten Mal genoppt, dann abschließend dekatiert und gepresst.
Walkstoffarten traditionell
Alpenländer: Walk- oder Trachten Loden
Loden (gewalkt und ungewalkt) war traditionell der widerstandsfähigste Kleidungsstoff der bäuerlichen Bevölkerung Europas. Heute findet gewalkter Loden vor allem in alpenländischen Trachten Verwendung. Trachten Loden ist häufig in Kreuzköperbindung gewebt, welches die Verfilzung der Oberfläche begünstigt. Im Handel sind diese Walkstoffe unter den Bezeichnungen Trachten Loden, Meltonloden, Bozener Loden oder Tuch Loden zu finden. Auch in Mitteleuropa bevorzugen Jäger Walkstoffe für ihre Bekleidung, da diese auf der Pirsch nahezu keine Geräusche verursachen.
England: Broadcloth
Das traditionelle und lange Zeit europaweit erfolgreich gehandelte Breite Tuch Britanniens findet heute fast ausschließlich bei Outdoor-Bekleidung Verwendung.
Irland: Ulstertuch
Das nach der nördlichsten Provinz Irlands benannte Tuch ist ein kräftiger, grobfädiger Mantelstoff aus einfarbigen oder melierten Woll-Streichgarnen, auch mit Beimischung synthetischer Fasern in Tuch-, Köper-, Fischgrat- oder Panamabindung, ohne und mit angewebtem Futter. Ulster ist auch die Bezeichnung der aus diesen Stoffen hergestellten Mäntel.
Portugal: Burel
Der in den Bergen hergestellte widerstandsfähige, dunkle Stoff wurde traditionell zur Fertigung von Umhängen verwendet.
Moderne Walkstoffe
Perlé
Dicker, stark gerauter Streichgarnstoff mit kleinen Flockenperlen auf der rechten Seite.
Arraché
Gewalkter, dicker Flausch mit wirrer Oberfläche. Arraché wird meist in Fischgrat oder Köperbindung gewebt. Die in der Rohware sichtbaren längeren Flottierungen dienen im Walk- und Rauprozess dazu, die Einzelfaser besser aus dem Fadenverbund herausziehen zu können (arracher).
Beide werden umgangssprachlich als Bouclé bezeichnet.
Herkunft und Geschichte
Für den Prozess des Walkens von Stoffen machte man sich den schon in vorchristlicher Zeit bekannten Effekt des Verfilzens von Wolle zunutze. Ursprünglich wurde mit Händen oder Füßen gewalkt. In Schweden existieren einige gut erhaltene Textilfunde aus dem Hochmittelalter die eindeutig – manchmal allerdings nur einseitig – gewalkt wurden.
Bereits im 8. Jahrhundert wurde das Friesische Manteltuch berühmt, das mehrmals in den Schriften der Karolingerzeit erwähnt wird. Das Tuch wurde nach den friesischen Händlern benannt. Die Wolle und möglicherweise auch das fertige Tuch stammten jedoch aus England. Im Hochmittelalter setzten sich immer häufiger Walkmühlen durch, was zur Arbeitslosigkeit vieler Fußwalker führte.
Qualitätsbewusste Hersteller feiner Wolltuche zogen hand- oder fußgewalkte Ware wegen der schonenderen Bearbeitung der maschinengewalkten allerdings vor. Mancherorts wurden Walkmühlen wegen der mangelhaften Qualität der bearbeiteten Stoffe wieder verboten oder auf die Bearbeitung billiger Massenware beschränkt
Im Laufe des Mittelalters entwickelten sich die späteren Niederlande zum größten Tuchproduzenten Europas. Tuchmanufakturen in Flandern oder auch in Norditalien, die sich auf hochwertige, schwere Stoffe spezialisiert hatten, bevorzugten die kurzschürige, feingekräuselte englische Wolle. Diese wurde in riesigen Mengen exportiert: 1305 umfasste die Ausfuhr mehr als 45.000 Säcke (auf einen Sack ging die Wolle von ca. 220 Schafen, so dass für 45.000 Säcke ca. 10 Millionen Schafe geschoren worden waren).
Zu dieser Zeit war Tuch eine der wichtigsten internationalen Handelswaren.
Kochwolle
Bei Kochwolle – auch LANA COTTA genannt, entsteht der flauschige, aufgebauschte Effekt nicht durch das Walken, sondern durch Kochen des Wollgewebes, was einen filz-artigen Effekt mit sich bringt und dem gewalkten Gewebe ähnelt. Richtiger Walk ist Kochwolle aber nicht. Dafür bringt sie den extremen Vorteil von Elastizität mit.